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Liebe, Häutung, Tod
Rolf Birkholz
Selten las man ein so ernüchterndes Paris-Gedicht wie "statt der liebe", das im Titel schon alles sagt, ohne jedoch die Verse überflüssig zu machen. Mit Liebe vor allem und Tod, den großen Themen, sowie den Häutungen des Lebens beschäftigt sich Marion Röckinghausen in ihrem Lyrik-Debütband die spur zurückgeträumt.
Manchmal träumt sie, öfter blickt sie zurück und jedenfalls genau hin. Da kommt Erfreuliches und weniger Angenehmes zum Vorschein, auch dicht nebeneinander. Wenn in "den jahren die zeit" den erfüllenden, in den Jahreszeitenreigen eingefügten Momenten einer Beziehung nachgespürt wird, so fällt, direkt danach, "liebe macht blind" zum Augenauskratzen aus.
Marion Röckinghausen beobachtet Gefühlsregungen minutiös, schaut auf und unter die Haut. Schmerzlich nimmt sie Bruchlinien und Abnutzungserscheinungen unter die Lupe ("aus der zauber", "trennung"). Bei allem aber weiß sie einen Kern zu schützen: "bin im schreiben/ heimlich heile".
Im Grab sieht das lyrische Ich "die leichte hülle/ das alte modell" und wünscht: "den rhythmus trommelt/ hinein in die andere zeit" ("letzte bitte"). So lässt es auch an anderer Stelle dem Tod nicht das letzte Wort, zumal im Frühling, wenn alles gegen ihn spricht: "was will ich trauern/ über den Tod mitten im März".
Bei der 1952 in Castrop-Rauxel geborenen, in Marburg lebenden Autorin, die sich bisweilen durch andere Texte oder durch Kunstwerke anregen lässt, heißt es in dem aus Zeilen von Paul Celan und Sylvia Plath zusammengesetzten, "ein anfang" betitelten Cento: "ich verlor ein wort das mich suchte".
Marion Röckinghausen lässt sich in ihren knappen, präzisen Versen indes oft genug finden vom Wort. Und folgt dem Rat: "hole aus dem scheiterhaufen/ neu die form". Der Band ist ein schöner Anfang. |
