Körpergedankenlyrik
Rolf Birkholz
Den anderen hören, riechen, sehen, ihn erwartend fühlen, dass es kribbelt. Schön und gut. Das sind für Katja Wüstenhöfer "Körpergedanken". Dann: "Ich gehe auf dich zu/ Kurzschluss". So beschreibt die Autorin in ihrem ersten Gedichtband Meine Stille ist laut die Augenblicke vor einer Begegnung. Gefühle im Wartestand, bis sie sich im Schritt aus den Gedankengängen heraus erklären, manifestieren, beweisen. In sieben Kapiteln, von den "Körpergedanken" bis zu "Todesskizzen", spürt Katja Wüstenhöfer Beziehungsfeinheiten nach. Da kommen auch kräftige, emotionale Farben ins Spiel ("Feuerrot"), da lässt sie auf dem "Bettparkett" zwei Verliebte "Beckenbodentango tanzen/ dicht an dicht". So sehr das lyrische Ich jedoch mit dem einen anderen eins sein möchte, so will es im Alltag nicht "anders sein müssen / um anderen zu gleichen". Es fürchtet, "Immer/ einen Schritt /zu viel /gegen dich", also sich selber, und nimmt sich vor: "Nur eine Richtung/ Du selbst". Katja Wüstenhöfer, geboren 1968, neigt zu Kurzversen aus ein bis zwei Wörtern, was zu ihrer Art Körpergedankenlyrik durchaus passt. "Liebe ist/ kein Ich,/ Liebe ist/ kein Du:/ Sie ist immer/ etwas / dazwischen." Das ist auf den Punkt gebracht, während anderes, wie "Du bleibst", auch einmal zu Allerweltsweisheiten abgleitet. Doch wirkt der Band insgesamt konzentriert. In "Verwandlung" heißt es: "An dich denken/ und pfeifen/ bis ich als Ohrwurm/ in deinem Kopf klinge". Wer sich so charmant einführt, lenkt bald auch beider Schritte aufeinander zu. |