Sie sind zu zweit oder zu dritt. Es hagelt Schläge und Tritte, Blut fließt, ein Stiefel trifft ihn an der Schläfe. "Dann nichts mehr." Wir befinden uns auf Seite 173 in Alan Parks' taffem Kriminalroman Blutiger Januar. Am nächsten Tag bzw. vier Seiten später erwacht Harry McCoy im Krankenhaus - er hat schlecht geträumt. Erinnerungen an seine Zeit im Kinderheim machen ihm zu schaffen. Aber die erlittenen Verletzungen sind ganz real: "Insgesamt zwölf Stiche, zwei gebrochene Finger und Prellungen, wie sie sonst nur Verkehrsunfallopfer aufweisen ..." Auch Uhr und Geld sind weg. Doch ein gewöhnlicher Raubüberfall war das nicht. McCoy ist den falschen Leuten auf die Füße getreten. Der junge Detective mit der dunklen Vergangenheit ermittelt in einem komplexen Kriminalfall, dessen Spuren zu den Reichen und Mächtigen im Glasgow der frühen siebziger Jahre führen. Einen Krankenschein kann man sich da nicht leisten, also tut McCoy genau das, was alle harten Männer in seiner Situation tun würden: Er entlässt sich auf eigene Gefahr aus dem Krankenhaus, nur um wenig später in seiner eigenen Wohnung vollgedröhnt mit Whisky und Schmerztabletten vor dem Fernseher einzuschlafen. Es läuft ein Film mit John Wayne. Blutiger Januar ist ein solides Krimidebüt. Der Schotte Alan Parks, bislang für die Musikindustrie tätig, bedient sich großzügig im Fundus des Genres. Sein kreativer Umgang mit bewährten Handlungselementen garantiert gute Unterhaltung mit Retro-Effekt. Dass Harry McCoy in Serie gehen wird, überrascht nicht. Alan Parks' Glasgow mag ein finsterer, von Korruption und Machtmissbrauch geprägter Ort sein, doch in Perth, der Hauptstadt von Western Australia, ging es in den siebziger Jahren noch erheblich schlimmer zu. Diesen Eindruck erweckt zumindest die Lektüre der Romane David Whish-Wilsons um den hartnäckigen, leider oft glücklosen Privatermittler Frank Swann. Früher war er Polizist, aber seine Aufrichtigkeit hat ihn den Job gekostet, gilt es doch, sich gegen ein durchgängig korruptes System zu behaupten. Hier gehören sowohl Politiker wie auch die vorgeblichen Hüter von Recht und Gesetz zum System des organisierten Verbrechens. Sehr schön lässt sich das am Beispiel des Drogendealers Gary Quinlivan illustrieren. Der Sohn eines Richters ist an Spekulationsgeschäften mit einer angeblichen Goldmine beteiligt, raubt nebenbei, kräftig unterstützt von der lokalen Polizei, Banken aus und fährt eine Harley, die eigentlich dem Boss einer Rockerbande gehört. Um sich in solchen Verhältnissen zu behaupten, darf man nicht zimperlich sein. Der aufrechte Frank Swann tut sein Bestes, aber das ist nicht genug, denn andere sind gerissener. Doch selbst die besten Pläne können scheitern, und wer mit dem Leben davonkommt, hat Glück gehabt.
Das muss man wissen. So wie Jake Roedel, der während des amerikanischen Bürgerkriegs in einer Freischärlertruppe auf Seiten der Konföderierten kämpft. Der halbwüchsige Sohn deutscher Einwanderer zieht mit seinen Kameraden raubend, plündernd und mordend durchs Land, bis er irgendwann genug hat. Daniel Woodrells zweiter Roman Zum Leben verdammt, der im Original bereits 1987 erschienen ist und zwölf Jahre später schon einmal ins Deutsche übersetzt wurde, endet so lakonisch, wie er begonnen hat. Und man weiß nicht, was schockierender ist: das Geschehen oder die Art und Weise, wie es berichtet wird. Denn Roedel erzählt seine Geschichte selbst, und zwar in einem sachlichen Ton, der frösteln lässt. Dabei ist er nicht frei von Emotionen, doch die werden nüchtern protokolliert. "Zu wissen, dass wir Missouri und meine schwer umkämpfte Heimat hinter uns ließen, schickte mir einen Schauder der Gefühle über den Rücken", heißt es gegen Ende, als sich Roedel auf den Weg nach Süden macht. Da ist er neunzehn und verheiratet, ein Erwachsener. Und er will nicht mehr kämpfen. Zum Leben verdammt ist ein Meisterwerk des Schreckens. Und ein sehr menschlicher Roman. Mit allem, was dazugehört. |