Daniel Klaus
Diese Frau musste wirklich Durst gehabt haben.
Die Flasche, die sie in der Hand hielt, war jetzt leer. Anderthalb
Liter Mineralwasser hatten binnen weniger Augenblicke in ihrem
Magen ein neues Zuhause gefunden. Ich hatte meinen Einkaufswagen
abgebremst, war an dieSeite gefahren und sah fasziniert zu ihr
hinüber.
Sie war vielleicht vierzig Jahre alt. Sie war gut gekleidet. Sie
trug eine Perlenkette und Ohrringe. Sie musste bestimmt gleich
fürchterlich rülpsen.
Ich wartete.
Nichts.
Und jetzt? dachte ich. Stellt sie die Flasche einfach zurück
ins Regal? Sie schien selbst einen Moment darüber nachzudenken,
aber dann legte sie die Flasche in ihren Einkaufswagen. Neben
ihre Handtasche, eine Packung Spirellinudeln, ein Netz Zwiebeln,
eine Handvoll Tomaten, ein Toastbrot und zwei Milchkartons. Es
schien nichts Aufregendes mehr zu passieren, deshalb warf ich
einen Blick auf meine Einkaufsliste, die ich zu Hause geschrieben
hatte, und steuerte die Tiefkühlfächer an.
An der Kasse sah ich die Frau wieder. Sie stand direkt vor mir
in der Schlange. Es waren noch eine Packung Schinkenwürfel
und eine Aubergine in ihren Wagen gewandert, außerdem drei
weitere leere Flaschen.Sechs Liter Wasser, rechnete ich. Ich warf
einen Blick auf ihren Bauch, doch er sah nicht so aus, als ob
sich in ihm das ganze Wasser befand. Aber was sollte sie sonst
mit diesen sechs Litern gemacht haben? Vielleicht war sie ja eine
professionelle Wassertrinkerin, die kurz vor einem Wettkampf stand
und gerade trainierte. Dann war sie an der Reihe. Sie packte ihre
Einkäufe aufs Band, auch die Flaschen, und die Kassiererin
begann ihre Einkäufe über den Scanner zu ziehen. Die
Kassiererin zeigte auf die Flaschen und fragte: "Leergut?"
Die Frau nickte.
Und ich staunte. Und verstand gar nichts mehr.
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