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               Charlotte Mutsaers 
                 
              Hühner haben ein Herz, ein Hirn, eine Leber, 
                Nieren, Lungen, Gedärme, Augen, Ohren, eine Zunge, Beine, 
                Nägel, Knochen, Knöchelchen, Haut, ein Kackloch, einen 
                Magen, einen Hals, eine Stimme ... alles genau wie wir. Weshalb 
                sollten sie dann nicht auch Weihnachten feiern. 
                Eigentlich gehört das Weihnachtsfest der Hühner nicht 
                in den Rahmen dieses Buches. Aber Rahmen sind dazu da, gesprengt 
                zu werden. Und das Hühnerweihnachtsfest ist schnell erzählt: 
                erzwungener Friede. 
                 
                Menschen essen gern oft und reichlich Huhn. Wie die Hühner 
                schmecken, ist ihnen schnurz. Welchen Mist und was für Medikamente 
                sie dabei mit verschlungen haben, ist ihnen noch schnurzer. Und 
                ob die ein schönes Leben hatten, darüber machen sie 
                sich keinen Kopf. Hauptsache, man muß nicht zuviel dafür 
                hinblättern. Das gleiche gilt für Eier. 
                Deshalb stopft der Geflügelzüchter seine Hühnerställe 
                auch voller als voll. Genau wie Menschen können Hühner 
                das nicht vertragen. Außerdem langweilen sie sich zu Tode. 
                Sie werden aggressiv und hacken sich gegenseitig in die Federn. 
                Manchmal bis sie bluten, manchmal bis sie tot sind. Damit das 
                nicht vorkommt, wird ihnen meist der Schnabel beschnitten. Zwei 
                ökologische Federviehhalter, Willemien und Anton Versantvoort 
                aus St. Oedenrode, hielten nichts von dieser Tortur. Sie haben 
                eine geniale Abhilfe gefunden. 
                In der Zeitschrift Lekker dier (leider eingegangen) berichtete 
                Willemien: "Unser Hof steht voller Weihnachtsbäume, 
                das ist unser Nebenerwerb. Dort ist der Freilauf für die 
                Hühner, und uns fiel auf, daß die Tannen immer von 
                unten kahlgefressen waren. Da kam ich auf die Idee, ihnen mal 
                ein bißchen Tannengrün in den Stall zu legen. Seitdem 
                haben sie sich nicht mehr gehackt. Im Hühnerstall herrscht 
                jetzt Ruhe, es gibt nicht mal mehr eine Hackordnung! [...] Deshalb 
                haben die Tiere auch gar keine Angst vor uns; sie picken genauso 
                gern an unseren Beinen wie an den Tannenzweigen, die im Stall 
                verstreut sind. Die werden ganz gründlich kahlgepickt, Nadel 
                für Nadel. Es kostet nicht die Welt: Ein Tannenzweig reicht 
                für etwa einen Quadratmeter. Den fressen sie in drei Tagen 
                kahl. Um keinen Platz zu verlieren, kann man die Zweige auch an 
                eine Wäscheleine hängen oder in eine Krippe legen. Das 
                geht genauso. Außerdem sind Weihnachtsbäume billig 
                und leicht zu beschaffen." 
                Das Leben in so einem Hühnerstall ist kurz, aber sie können 
                trotzdem jeden Tag Weihnachten feiern. 
                 
                Und hat denn niemand Mitleid mit den armen, umgehackten Weihnachtsbäumen? 
                Ja doch, Jan Hanlo! Er hat einen Weihnachtsbaum aus grüngefärbten 
                Hühnerfedern erfunden (vgl. sein Gedicht Praeter rerum 
                ordinem). Aber jetzt wird es mir zu kompliziert. 
               
              Aus dem Niederländischen von Marlene Müller-Haas 
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