Kafka, Katzen, Katholiken
VerstAnd
In dieser Rezension soll drei Fetischen der Neuzeit auf den Zahn gefühlt werden, die alle mit "Ka" beginnen und denen jeweils jüngst veröffentlichte Bücher gewidmet wurden: Kafka, Katzen, katholische Messdiener. (Ich weiß schon, Messdiener sind immer katholisch, aber von derlei kleinlichen Einwänden möchte ich mir meine schöne Alliteration nicht verderben lassen.) Kein Säugetier hat es bei Schriftstellern zu solchem Respekt geschafft wie die Katze, obschon oder gerade weil sie bei Licht betrachtet im Gegensatz zu Schwein und Hund zu nicht viel nutze ist. Schon beim flüchtigen Durchgoogeln finden sich Namen wie Erich Kästner, Patricia Highsmith, Charles Dickens und Baudelaire unter den bekennenden Katzensympathisanten. Und auch dem sicher löblichen Cartoonsammelband Cartoons über Katzen merkt man an, dass nicht wenige der allesamt bekannten Zeichner sich selber so ein Tier zugelegt haben und ehrfürchtig versuchen, dem vermeintlichen Geheimnis ihres vierbeinigen Haustyrannen auf die Spur zu kommen. Natürlich, es gibt sie auch hier, die ausgesprochenen Katzenhasser, und diejenigen, denen diese Spezies eigentlich egal ist und die lieber über sich selbst berichten. Aber so sollte es auch sein. Derlei Objektivität geht Markus Schächters nichtsdestotrotz lesenswertem Buch über Messdiener ab, die später zu Showmastern mutierten. Selbst bekennende Agnostiker wie Jürgen von der Lippe oder Sakristei-Missbrauchsopfer wie Willi "Willi-wills-wissen" Weitzel reflektieren diesen Lebensabschnitt nicht als Einstieg zur Hölle oder Beginn einer lebenslangen Feindschaft mit Ihm da oben. Was daran liegen mag, dass das Buch aus dem Hause Herder kommt. Und vielleicht daran, dass der Redaktionsschluss vor jener Weisung von Papst Franziskus lag, die Kirche und ihre Schäfchen mögen sich doch bitte etwas intensiver mit Fragen der Sexualität auseinandersetzen. Schließlich fällt die Messdiener/innenzeit ja in die des körperlichen Erwachens, und viele erste Erfahrungen wurden da rund um den Altar gemacht oder auf den berüchtigten Nachtwallfahrten in die Altenbergs dieser Welt. Da hätte man gerne noch mehr erfahren, ob die Nähe zum Allerhöchsten der Sache noch einen besonderen Kick resp. eine transzendentale Dimension gibt. Gerade halte ich den Kafka-Titel des aktuellen "Spiegel" in der Hand, wo jener, zugegebenermaßen nicht untalentierte, Schreiberling als Prophet und Seher vorgeführt wird, als wäre er der Führer einer nach Weltherrschaft gierenden Sekte. Längst hat der alte Goethe als Universalratgeber der Deutschen ausgedient, und der Prager ist zum Lebensbegleiter unseres diffusen Alltags geworden. Da kommt ein Buch wie Nicolas Mahlers Cartoonband Franz Kafkas nonstop Lachmaschine gerade recht, auch wenn sich der Künstler weniger mit dem Autor als mit unser aller Rezeptionsgewohnheiten beschäftigt. Das tut aber nicht Wunder, da Mahler (der seinen Namen auch gerne mit kleinem "m" buchstabiert) spätestens durch sein FAZ-Engagement zu einem Reiseführer durch den kulturellen Alltag avanciert ist und so selbst Ratgeberfunktion für uns Halbintellektuelle übernommen hat. Aber schon allein der Titel seines Buchs lässt mal kurz durchschnaufen, innehalten und überdenken, ob die Seligsprechung eines Autors nicht ein erster Schritt zur Mumifizierung ist und ob man nicht besser daran tut, ihn mit ein paar gezielten Stichen für die Zukunft fit zu spritzen. |
: Die Messdiener. Von den Altarstufen zur Showbühne. 240 Seiten. Herder. Freiburg 2014. € 18,99 Euro.
: Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine. 128 Seiten. Reprodukt. Berlin 2014. € 16,00.
(Hrsg.): Cartoons über Katzen. 96 Seiten. Holzbaum. Wien 2014. € 19,95. |