Am Erker 67

Fritz Deppert: 'Das Schweigen der Blätter'

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Fritz Deppert
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Rezensionen
Fritz Deppert: Das Schweigen der Blätter
 

Leichter Herbstüberhang
Rolf Birkholz

Der Titel von Fritz Depperts neuem Gedichtband Das Schweigen der Blätter täuscht. Schon in dem so benannten Gedicht gelingt es, "das Schweigen der Blätter hörbar zu machen". Und auch aufs Ganze gesehen zeugt der Band gerade davon, wie beim aufmerksamen Gang durch die Natur diese wahrzunehmen, zum Sprechen zu bringen ist.
Es wird "Frühlingstheater" besucht, ein "Sommerstillleben" gemalt, eine "Abendvesper im Herbst" gehalten, der "Winterpuls" gefühlt. Fritz Deppert, Darmstädter des Jahrgangs 1932, geht und fühlt noch einmal den Jahreszeiten nach, mit leichtem Herbstüberhang.
In seinem erzählenden, zwischen lyrischem und Prosa-Ton schwebenden Stil sucht der Autor beim Betrachten der Natur auch eigene Befindlichkeiten zu beachten, zu deuten. Nebel ("Nebel-Ich") lenkt den Blick nach innen: "Bilder, Wörter, Töne;/ die Speicher sind randvoll, sie/ drücken gegen die Schädeldecke./ Ich gehe auf die Suche nach mir selbst/ und finde Vages in Fülle." Also legt er "Gedächtnis und Wissen in mein Schweigen ab", um "für die Ewigkeiten von Sekunden/ der, der ich sein möchte" zu werden.
Der Leser hat andere Interessen. Er möchte natürlich, dass der Autor so sei und bleibe, dass er besonders einnehmende Verse vorlegt. Da wäre etwa der "Synagogenfrühling" zu nennen, wo Deppert einfühlend, Geschichte in der Gegenwart spiegelnd, ist, was er sicher auch sein möchte: "Wortzeuge bin ich".
Im "Blätterrequiem" sieht er, lässt er Kirschbaumlaub fallen "leicht und leise als/ wäre Sterben ein sanfter Tanz", ein "Schwebetango", dem er mit einem Glas Most zuprostet. Das Spiel zerklüfteter, übereinandergewölbter Wolkenformationen wird ihm zur "Spätvorstellung", zum Abspann eines auch auf sich bezogenen apokalyptischen Films. Gegen Ende dieser sehr melancholischen Sammlung gibt Fritz Deppert in "Alles ist beschrieben" immerhin zu, "ein Reststapel weißen Papiers/ liegt bereit".

 
Fritz Deppert: Das Schweigen der Blätter. Gedichte. Neues Literaturkontor. Münster 2013. € 10,00.