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Dumont
Sara Gruen

 
Rezensionen

Sara Gruen: Wasser für die Elefanten
 

Lese ohne Wein
Kuno Päffkes

"Schwarze Johannisbeeren", philosophierte Zülle, "Heidelbeeren und ein wenig Schokolade." Ich nahm einen Schluck aus meinem Glas, ließ den Wein mehrmals im Gaumen rollen, spürte den genannten Geschmäckern nach … und konnte sie nicht finden. Es schmeckte wie roter, vergorener Traubensaft mit einem Touch Holz. Das sagte ich auch und, es wurde mucksmäuschenstill in Zülles Weinschenke 'Drachenklause’. Im Nachhinein kann ich dankbar sein, dass ich nur für den Abend rausflog und kein generelles Hausverbot bekam. Der Wein war ein 2004er Cabernet Crianza von der Bodega Piedemonte aus Navarra, einer der höchstbewerteten Weinschmieden Spaniens. Sagte Zülle. Oder besser: Er brüllte und fauchte und fuchtelte mit einem Korkenzieher wenige Zentimeter vor meinem Gesicht, bis ich Sara Gruens dritten Roman auf der Theke vor mir griff und - ungewohnt nüchtern - nach Hause flüchtete.
So etwas passiert mir nicht noch einmal, ich schließe mich ab sofort jeder Mehrheitsmeinung an. Ich finde daher meine Nachmittagslektüre Wasser für die Elefanten grandios, wie all die Hunderttausende rechtschaffener Käufer in den Vereinigten Staaten, die den Roman auf Platz fünf der dortigen Bestsellerliste gehievt haben. Ich bekenne schuldbewusst, mich verrannt zu haben in dem Glauben, es wäre eine kitschige Liebesstory mit schmalztriefendem Ende sowie einer ebenso trübsinnigen wie belanglosen Parallelhandlung. Es war obendrein ein Fehler, über den Schauplatz zu spotten, wie konnte ich glauben, ein Zirkus wäre für eine Alltagsausbrecherstory etwa so altbacken wie Tirol für eine Liebesgeschichte. Eindeutig habe ich übersehen, dass Gruens Roman nur so sprüht von schrägen, spaßigen, traurigen, ehrlichen, dramatischen, erschütternden und obendrein realistischen, da akribisch recherchierten Details über die Welt der Wanderzirkusse in den dreißiger Jahren in den USA. Was für eine Verkettung von Fehlern. Und dann übersah ich auch noch die geschmeidige Fülle, die eleganten Tannine und den langen Abgang des Piedemonte Cabernet. Zu Hause stellte ich mich eine Stunde in die Ecke, guckte reumütig die Wand an und beschloss, zur Buße je drei Bücher von Paulo Coelho und Anselm Grün zu lesen. In der Nacht habe ich sehr schlecht geschlafen.

 

Sara Gruen: Wasser für die Elefanten. Roman. Aus dem Englischen von Eva Klemper. 398 Seiten. Dumont. Köln 2007. € 19,90.