Noch ein weiter Weg zum Himmel
Andreas Reikowski
Ein reicher Schnösel aus der Münchener
Schicki-Szene ist so beschränkt, dass er nicht mal das Abitur
schafft und deswegen auf ein Internat muss, um wenigstens mit
knapp 21 doch noch die "Reife" zu erlangen. Er ist ein
paar Tage zu früh da und setzt sich, denn er hält sich
für einen Schriftsteller, hin, um seine Geschichte aufzuschreiben.
Sie spielt in der öden Welt der Superreichen, wo die Väter
erfolgreiche Anwälte sind, dicke Autos fahren, in Palästen
leben und Golf spielen müssen, um inmitten all der anderen
Reichen bestehen zu können. Dass diese Leute auch nicht glücklich
sind - und wie wenig deren verzogene Sprösslinge erst -,
wir wussten es schon lange und wissen es, dank Georg M. Oswald,
wieder einmal. Was machen die jungen Leute, diese "bedauernswerten,
unfertigen und misslungenen Abziehbilder"? Besaufen sich,
geben Papas Kohle aus, hängen am Swimmingpool ab und gehen
vor lauter Langeweile bekifft DVD-Player klauen. Der eine junge
Mann, Tom, unterhält eine Affäre sowohl zur Tochter
als auch zur Mutter des Hauses. Die Tochter aber, Britta, heiratet
einen anderen jungen Mann, Gerry, und der schwimmt am Morgen nach
seiner Hochzeit tot im Starnberger See. Gerry war auch derjenige,
der beim Klauen des DVD-Players plötzlich kalte Füße
bekommen hatte und das Ding wieder zurückbringen wollte:
"'Du bringst dich doch nur in Schwierigkeiten, wenn du das
machst. Und uns auch', sagte Bennie.
'Es ist eine moralische Frage', sagte Gerry.
'Ich glaub, ich kotz gleich', sagte Tom."
Man erfährt zwar von Ereignissen, aber man erfährt nicht,
was diese mit und aus den Helden machen. Am wenigsten davon, so
scheint es, dringt zum Erzähler durch, der seine Aufzeichnungen
einfach beendet und fertig. Narratives Rohmaterial wird aufgeworfen
und bleibt dann unbearbeitet liegen.
Im letzten Drittel des Buches kommt Oswald dann auch die stilistische
Sorgfalt etwas abhanden, wie die folgende Satzauswahl zeigt:
"Mir wurde bewusst, wie lange ich in keiner Kirche mehr gewesen
war. Und das, obwohl ich in meiner Kindheit sogar Ministrant
gewesen war. Ich erinnere mich, dass es der katholische
Pfarrer von Welting gewesen war, ..."
"Die Hochzeitsgäste versammelten sich zum Aperitif auf
der Terrasse, von der aus der in der Sonne gleißende
See vor der auf den Gipfeln schneebedeckten Alpenkette
in der Ferne zu besichtigen war."
"Obwohl er ihn gefürchtet hatte, hatte
Gerry manchmal dazu geneigt, seinen Vater zu unterschätzen."
'In den Himmel' der großen Schriftsteller kommen sie so
sicher nicht, weder der Held noch sein Schöpfer.
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