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Peter Godazgar

 
Mord & Totschlag 49
Die Krimi-Kolumne von Joachim Feldmann
 

Dass mit Mars etwas nicht stimmt, haben auch seine Spießgesellen Kevin und Dennis Rooney ziemlich schnell geahnt. Aber nun ist es zu spät. Nach einem misslungenen Raubüberfall sitzen die drei in einer Luxusvilla, während draußen die Polizei wartet. Dabei wollten sie nur ein Auto kapern. Aber jetzt haben sie einen bewusstlosen Mann und seine beiden Kinder in ihrer Gewalt.
Jeff Talley ist der örtliche Polizeichef. In einem früheren Leben war er Chefunterhändler bei einem Sondereinsatzkommando für Geiselnahmen. Nun hat er wider Willen seinen alten Job wieder. Aber dieses Mal ist es kein normaler Einsatz, denn der Mann, um dessen Leben er verhandelt, arbeitet als Steuerberater für das organisierte Verbrechen. Nur ungern würde der lokale Mafiaboss seine Bilanzen in den Händen der Polizei sehen. So lässt er kurzerhand Talleys Frau und Tochter entführen, um Druck auf den Polizisten auszuüben.
Robert Crais' Thriller Hostage ist ein Stück wohlkalkulierter Spannungsliteratur, das sich leider manchmal zu intensiv den Motiven seiner Figuren widmet. Romane wie dieser vertragen nur eine bestimmte Dosis Psychologie. Andererseits versteht es Crais ganz ausgezeichnet, den Plot durch immer neue Wendungen voranzutreiben. Die Rolle, die Mars in diesem Zusammenhang spielt, soll nicht verraten werden. Aber dass jemand, der seine Pizza gerne mit Hotdogs, Rührei, Chilisoße und Butter veredelt, auch noch für andere Überraschungen gut ist, liegt nahe.
Ein regelrechter Gourmet ist dagegen der ehemalige Fremdenlegionär Francois, der in Katrin Mackowskis Kriminalroman Die falsche Frau eine zentrale Rolle spielt. Aber er ist auch ein Meisterkoch. Gerade erst hat er einen Batzen tiefgefrorenes Rindfleisch im Asia-Laden erstanden, da schmurgelt der Braten (in Shaoxing-Reiswein) schon im Ofen. Allerdings mutet Mackowskis Verwirrspiel um Männerfreundschaft und Verrat, Drogenhandel und Mord insgesamt ein wenig wie schockgefrostet und erst halb aufgetaut an. Garniert wird das Ganze mit Sätzen wie "Das Gesicht an die Scheibe gelehnt, zogen langsam Straßenlampen und Elektroleitungen vorbei" zu lesen. Schade um den schönen Schauplatz Wien; dieser "raffinierte Krimi" (Klappentext) hätte ein bisschen mehr Sorgfalt bei der Zubereitung gut vertragen können.
Bodenständig wie der Name seiner Hauptfigur kommt Walter Wolters zweiter Roman um den Privatdetektiv und früheren Profiboxer Bruno Schmidt daher. Auf den ersten Blick sieht der Fall einfach aus. Schmidt soll in die Kleinstadt Bad Liebenau fahren und im Haus des verstorbenen Globetrotters Wolf Luckner zwei Millionen Mark sicherstellen. Der Alleinerbe, ein junger Mann namens Raoul Raschke, kann leider nicht selbst nach dem Geld suchen, da er durch einen längeren Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt Tegel verhindert ist. Selbstredend bringt der Auftrag erhebliche Komplikationen mit sich, nicht zuletzt, weil der Detektiv in dem Provinzstädtchen auf einen psychisch derangierten Bankangestellten trifft, der in ihm partout jenen Geiselgangster wiederzuerkennen glaubt, dem er sein Trauma verdankt. Verdammter Räuber ist ein routiniert geschriebener Krimi, in dem sich Spannung und ein leicht sarkastischer Humor wunderbar ergänzen. Dass Wolter, vor allem in den unvermeidlichen erotischen Szenen, das Klischee nicht scheut, tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch.
Eher wenig Glück bei Frauen hat Markus Waldo, den einst ein mittlerweile längst abgebrochenes Studium nach Halle an der Saale verschlagen hat und der sich nun, nach einem Lehrgang bei der Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe, als privater Ermittler versucht. Noch immer trauert er seiner Ex-Freundin Annette hinterher, und auch die Klientin, die sich an einem Dienstag in seinem Büro einfindet, entspricht nicht dem Bild, das man aus einschlägigen Detektivromanen kennt. Jasmin Bärfelde ist Anfang vierzig und hat gerade ihren Mann durch einen Verkehrsunfall verloren. Nur dass sie nicht an einen Unfall glaubt. Vielleicht hat ja der Arbeitsplatz des Verstorbenen, eine umstrittene Schweinemastanlage, etwas mit seinem Ableben zu tun. Wer weiß, wozu wütende Tierschützer imstande sind ...
Waldo hat also einen klassischen Fall. Und er klärt ihn auch auf. Das heißt, sehr viel trägt er eigentlich nicht zur Auflösung bei, obwohl er sich redlich müht und Gefahren nicht scheut. Mit Schweinemästern ist nämlich nicht zu spaßen.
Markus Waldo ist ein sympathischer Verlierertyp, dem man gerne bei der Arbeit zuschaut. Dafür sorgt die Mischung aus Ironie und Anteilnahme, mit der sein Erfinder, der Journalist Peter Godazgar, von ihm erzählt. Hoffen wir, dass es nicht bei dem einen Abenteuer Unter Schweinen bleibt.

 

Robert Crais: Hostage - Entführt. Roman. Aus dem Amerikanischen von Andreas Heckmann. 445 Seiten. Goldmann. München 2005. € 7,95.

Katrin Mackowski: Die falsche Frau. Roman. 315 Seiten. Kunstmann. München 2005. € 19,90.

Walter Wolter: Verdammter Räuber. Roman. 282 Seiten. Gollenstein. Blieskastel 2004. € 19,90.

Peter Godazgar: Unter Schweinen. Kriminalroman. 237 Seiten. Grafit. Dortmund 2005. € 8,95.