Lyrischer Busfahrer
Rudolf Gier
Der jüngste Film von Jim Jarmusch handelt von Paterson, einem Busfahrer, der in seiner Freizeit oder in den Fahrpausen Gedichte schreibt. Nicht genug, dass sein Name dem Titel eines berühmten Gedichtzyklus des amerikanischen Dichters William Carlos Williams entlehnt ist, Williams ist auch der Lieblingsautor des Protagonisten.
Paterson, eine erfundene Figur des Regisseurs, bedient sich der Gedichte von Ron Padgett. Ähnlich wie Williams, etwas weniger konzentriert und ausschweifender, zelebriert der Lyriker, der mit Rolf Dieter Brinkmann befreundet war, persönliche Eindrücke des Alltags und verleiht ihnen poetische Nuancen. In wunderbar einfachen wie eindrucksvollen und langsam erzählten Bildern laufen die schönen, zum Teil skurrilen Gedichte über den Film, die man gern noch einmal zu Hause lesen möchte.
Gelegenheit dazu gibt es in Die schönsten Streichhölzer der Welt. Abgesehen vom furiosen Debüt Große Feuerbälle (Great Balls of Fire, 1969), das übrigens in einer schönen und gut übersetzten Rowohlt-Ausgabe von 1973 noch antiquarisch erhältlich ist, bietet der Band einen Querschnitt aus Padgetts Schaffen inklusive der im Jarmusch-Film zitierten Texte. Meinen Favoriten, "The Run - Die Fahrt", aus der zweisprachigen Padgett-Ausgabe möchte ich hier in der kongenialen Übersetzung wiedergeben: "Ich durchquere / Trillionen von Molekülen / die beiseite weichen / um mir Platz zu machen / zugleich auf beiden Seiten / bleiben weitere Trillionen / einfach am Fleck. / Das Scheibenwischerblatt / fängt zu quietschen an. / Der Regen zog vorbei. / Ich ziehe die Bremse. / An der Straßenecke / ein Junge / in gelbem Regencape / an der Hand seiner Mama."
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